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Anlauf zum ganz großen Sprung

Heinz-Paul Bonn • 20. Januar 2025
Es gibt Legenden, die sind unausrottbar: die Erde ist eine Scheibe, die Evolution erfolgte in sechs von sieben Tagen, die Mondlandung hat nie stattgefunden, Elvis lebt und mittelständische Unternehmen sind innovationsfeindlich und investitionsscheu. Mit dem Urteil über den Mittelstand ist man schnell bei der Hand, wenn neue Technologien nicht sofort bei kleinen und mittleren Betrieben durchschlagen. „Leading Edge is Bleeding Edge“ – das ist die Lehre, die viele Unternehmen aus vielen fehlgeschlagenen Techno-Produkten – von der Einführung der Lochkarte bis zur Integration von Künstlicher Intelligenz in den Arbeitsalltag gezogen haben. Sollen sich doch erst einmal die globalen Konzerne die blutigen Nasen holen!
Tatsächlich haben mittelständische Unternehmen nicht die Ressourcen, um eine ganze Hundertschaft in eine Entwicklungsabteilung zu stecken – und oftmals gelingen komplexe Integrationsprojekte nur deshalb, weil die dringend für den laufenden Betrieb benötigten Fachkräfte zusätzliche Aufgaben als Projektmanager übernehmen und damit eine Doppelbelastung stemmen. Und schließlich drehen viele mittelständische Unternehmer angesichts einer ungewissen Zukunft derzeit den Euro lieber zweimal um, ehe sie sich für weitere Ausgaben entscheiden.
Doch an Investitionen in KI-Projekte kommt wohl kaum ein mittelständischer Betrieb im Jahr 2025 vorbei! Zu vielversprechend sind die Nutzenpotentiale, während der Einsatz von KI kaum spürbar ist. Google beispielsweise setzt bei seiner KI-Strategie auf tiefe Integration und baut Künstliche Intelligenz tief in sein bestehendes Lösungsportfolio ein. Wer mit der Suchmaschine arbeitet oder die Marketing-Services von Google Ads in Anspruch nimmt, merkt möglicherweise gar nicht, dass er damit zugleich einem KI-Algorithmus vertraut.
Komplexer sieht die Herausforderung bei Microsoft aus. Zwar ist der Sprachassistent ChatGPT als Copilot eng mit den Office-Produkten der Redmonder verknüpft und bietet auch ungefragt seine Hilfe an, wenn man auf die neuesten Versionen aktualisiert hat. Aber weitergehendere KI-Projekte verlangen nach Integration mit bestehenden Anwendungen und vor allen Dingen die Aufbereitung und Nutzung des eigenen Datenschatzes. Das ist eine besondere Herausforderung, vor der viele Mittelständler zurückschrecken aus Angst vor dem Scheitern.
Deshalb ist für Microsoft auch bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz ein dichtes weltumspannendes Netzwerk aus Partnerunternehmen der entscheidende Schlüssel zum Erfolg. Das hat jetzt Microsofts Mittelstandschef Kevin Peesker noch einmal deutlich gemacht, als er mit führenden Europäischen Marketing- und Vertriebsverantwortlichen Microsofts Strategie für das laufende Jahr diskutierte. Die Millionen kleinen und mittleren Firmenkunden, die den Löwenanteil der Wirtschaftskraft im Alten Kontinent stellen, sind nur mit Hilfe von Partnerunternehmen zu erreichen. Allein in Deutschland unterhält Microsoft ein Netzwerk von rund 30.000 Partnern – vom globalen Systemhaus bis zum Software-Dienstleister um die Ecke.
Doch diese Partner müssen kontinuierlich weiterqualifiziert werden, um dem enormen Innovationstempo, das Microsoft in Sachen KI an den Tag legt, Schritt halten zu können. Gleichzeitig muss es so einfach wie möglich sein, als Qualifizierter Partner Microsoft-Produkte bestellen und nutzen zu können. Microsofts Commercial Marketplace soll dies in diesem Jahr möglich machen.
Doch Microsoft will nicht warten, bis die Hunderttausende von Partnerunternehmen die KI-Herausforderung angenommen haben. Ähnlich wie beim hohen Integrationsgrad, den Google vorlebt, will Microsofts CEO Satya Nadella KI als zentrales Integrationselement in allen Lösungen einbauen. Wer beispielsweise die ERP-Lösung Dynamics einsetzt, soll gar nicht merken müssen, dass da KI drinsteckt. Und wer auf der Entwicklungsplattform GitHub Anwendungen kreiert, soll Routinearbeiten mit KI-Unterstützung erledigen. Dazu hat Microsoft jetzt eine zentrale, plattformübergreifende Entwicklungsabteilung "Core AI Platform and Tools" gegründet, deren Chef, der ehemalige Meta-Entwicklungsleiter Jay Parikh direkt an Nadella berichtet. 
Die ganze Initiative wird mit reichlich Geld unterstützt. Bis zum Geschäftsjahresende am 30. Juni will Microsoft bis zu 80 Milliarden Dollar investiert haben. Das Geld geht in Infrastrukturmaßnahmen wie Rechenzentren und Kraftwerke, in Integrationsprojekte und neue Produktentwicklungen – und ebenso in die Ausbildung der Partner. Denn ohne die geht nichts. Es scheint, als hätte Satya Nadella bisher nur Anlauf genommen – der große Sprung kommt erst. Und landen will er im Mittelstand.

von Heinz-Paul Bonn 10. März 2025
Eltern, die Kinder im heranwachsenden Alter haben oder hatten, kennen das: Auch die einfachsten Aufgaben sind plötzlich eine Nummer zu groß. Zimmer aufräumen zum Beispiel – oder Selbstverteidigung. Dann muss man nur mal so richtig laut werden, ein Handy-Verbot aussprechen oder den Zugang zu Netflix sperren – und schon klappt es mit dem Aufräumen – oder mit den Militärausgaben. Jedenfalls erscheint die Europäische Union in den letzten Wochen wie eine Gruppe von 27 pubertierenden Halbwüchsigen, denen erst einmal aus dem Weißen Haus heraus gehörig die Leviten gelesen werden mussten, ehe sie spurten. Jetzt sollen die Milliarden nur so sprudeln, um die Verteidigung des freiesten aller Kontinente in die eigene Hand zu nehmen. Alle 14 Tage Wäsche waschen bei Mutti war gestern. Ab heute wird selbstverantwortlich gelebt. Und zwar auf eigene Schulden – selbst, wenn es die Schulden unserer Kinder sein werden. Die Generation derjenigen, die vor vier Jahrzehnten im Bonner Hofgarten gegen die Stationierung von Pershing-Mittenstreckenraketen und den NATO-Doppelbeschluss demonstriert haben, ist jetzt die Altersklasse der krassesten Befürworter einer Wiederaufrüstung. Dass sie auch für die Wiedereinführung der Wehrpflicht stimmen würde, kann nicht verwundern – sie würde ja auch nicht gezogen. Stattdessen: Scheckbuchmentalität. Während die geplanten Ausgaben für mehr Kriegstüchtigkeit und die damit verbundene Lösung der Schuldenbremse von annähernd drei Vierteln der Bevölkerung gutgeheißen werden, sind nur 17 Prozent der Deutschen, also nur jeder sechste, bereit, das eigene Land mit der Waffe in der Hand zu verteidigen. Aber wer soll´s dann richten, wenn es zum Schwur kommen sollte? Schon mehren sich die Stimmen, dass Europa vor allem seine KI schicken sollte, statt seine Kinder. Nach einem gemeinsamen Papier von Militärexperten unter der Führung von Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts der deutschen Wirtschaft, sollten Deutschland und Europa in „asymmetrische Überlegenheit“ investieren. Will sagen: Satellitengestützte Aufklärung, KI-basierte Strategieplanung, Abwehr gegen Cyber-War und vor allem autonome Systeme – zum Beispiel selbststeuernde Drohnen. In dem Papier, das neben Schularick auch der ehemalige Airbus-Chef Tom Enders und der jetzige Airbus-Aufsichtsratsvorsitzende René Obermann sowie die Unternehmerin und Investorin Jeannette zu Fürstenberg unterzeichnet haben, werden Maßnahmen angeregt, die schon innerhalb von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wirksam werden könnten. Gleichzeitig warnen die Autoren davor, Kampfjets vom alten Typ – etwa die US-amerikanische F-35A – einzukaufen. Das werde wegen der regelmäßig notwendigen Software-Updates nur zu einer Abhängigkeit führen, wie wir sie im Internet, im Cloud Computing und eben auch bei der Künstlichen Intelligenz heute schon bewusst und fahrlässig in Kauf genommen haben. Es wäre falsch, in die Verteidigung von gestern zu investieren. „Wir brauchen wohl eher eine Millionen Drohnen als 2000 Panzer“, sagte Schularick. Die Kriegsführung in der Ukraine habe gezeigt, dass ein 25 Millionen Euro teurer Panzer durch eine Drohne im Wert von 5000 Euro zerstört werden könne. Und niemand müsste dazu eine Waffe in die Hand nehmen. Es reicht eine Tastatur. Vielleicht ist es Zeit, jedermann eine Vollversion von World of Warcraft zur Verfügung zu stellen. Dabei ist ein Investment in autonome Systeme aus vielerlei Gründen vielversprechend. Das Silicon Valley, das seinen Aufstieg ausschließlich den Anfangsinvestitionen der DARPA, dem Forschungsarm des US-Verteidigungsministeriums, zu verdanken hat, hat uns vorgemacht, wie aus militärischen Anwendungen ziviler Nutzen entwachsen kann. Warum sollten aus den 500 Milliarden Euro für die Wiedererlangung der Kriegstauglichkeit nicht auch ein „Silicon Ruhrgebiet“ entstehen? Deutschlands durchaus zahlreiche KI-Startups, die bisher eher ein Schattendasein unter der Abneigung der Friedensbewegten geführt haben, sind ein Beispiel dafür, dass KI-Forschung hierzulande auch mit Blick auf mögliche militärische Auseinandersetzungen vorangetrieben wird. Und wie durch ein Wunder hat vor wenigen Monaten der 32. Satellit für das Europäische Navigationssystem Galileo – zwar mit Verspätung, aber immerhin – abgehoben und damit ein Geopositionssystem mit einer Genauigkeit von rund 30 Zentimetern geschaffen. Wie sehr eigenständige Aufklärung aus dem Orbit notwendig ist, erleben derzeit die ukrainischen Soldaten, denen die USA jetzt Aufklärungsdaten verweigern und diese deshalb mehr oder weniger im Nebel „auf Sicht“ operieren müssen. Wir sollten uns auf nichts mehr verlassen, denn auf uns selbst – und dabei die „Gnade des späten Erwachsenwerdens“ nutzen, indem wir die modernste Armee der Welt aufstellen. Wir müssen nicht die gesamte Evolution der militärischen Fehlinvestitionen nachholen. Das ist übrigens auch eine Lehre, die wir unserem pubertierenden Nachwuchs mitgeben sollten. Setze auf deine eigenen Stärken, aber höre auf den Rat derer, die schon einige Lebenserfahrung gesammelt haben. Europa muss jetzt erwachsen werden.
von Heinz-Paul Bonn 3. März 2025
Der Ampelkoalition wird endlose Streitsucht nachgesagt. Vor allem die Medien kolportierten gerne die Legende von den Streithähnen, indem sie jede Auseinandersetzung in der Sache zum Streit stilisierten. Das ewige Medien-Mantra lautete: „In der Ampelkoalition gibt es wieder Streit um … XY“, wobei für die Variable beliebig Heizungsgesetz, Mindestlohn, Energiekosten, Verteidigungsausgaben, Abschiebung oder die Schuldenbremse eingesetzt werden konnte. Was wirklich ein Streit ist, haben wir jetzt live und in Farbe aus dem Oval Office im Weißen Haus präsentiert bekommen, als US-Präsident Donald Trump seinen Gast, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, solange absichtlich provozierte, bis der den angebotenen Köder schluckte und zurückgiftete und damit den willkommenen Anlass gab, den vom Opfer zum Täter Umgedeuteten rauszuwerfen. Auf dem Sofa saßen Trumps wichtigste Begleiter wie die Ölgötzen, Vizepräsident JD Vance, Außenminister Marco Rubio und der Finanzminister Scott Bessent, wobei nur der Vize Vance die Stimme erhob, um Selenskyj vollends ins Messer laufen zu lassen. Das ist ein Streit – und er war gewollt, geplant und gemacht. Jetzt herrscht Rambozambo auf dem politischen Parkett. Es gibt uns einen Vorgeschmack auf den neuen Stil der Diplomatie, in der Europa erst seine Schockstarre überwinden, dann seine einige Stimme und schließlich seine Willenskraft zurückgewinnen muss. Der britische Premier Keir Starmer hat an diesem Wochenende bereits vorgemacht, wie das gehen kann. Er hat kurzentschlossen zum Ukraine-Gipfel nach London eingeladen – und neben Bundeskanzler Olaf Scholz und weiteren europäischen Regierungschefs folgten Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident Antonio Costa und Nato-Generalsekretär Mark Rutte der Einladung. Rambozambo hat es dort allenfalls hinter verschlossenen Türen gegeben. Einigkeit ist jetzt das entscheidende Signal. Der Erfinder von Rambozambo, Noch-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, bleibt indessen vor den verschlossenen Gipfel-Türen. Das bedauern vor allem Christdemokraten, die Merz gerne eine Praktikumsstelle am Verhandlungstisch gegeben hätten. Doch er ist dazu verurteilt, statt Weltpolitik derweil seine Mini-GroKo zu schmieden, wofür er sich bis Ostern Zeit nehmen will. Uns stehen also 40 Tage politische Fastenzeit bevor, in der sich die Welt deutlich schneller weiterdreht – ohne ihn. Ob der in politischen Ämtern und auf der Weltbühne der Politik unerfahrene Friedrich Merz tatsächlich eine Bereicherung in der aktuellen Verhandlungsdiplomatie wäre, darf getrost hinterfragt werden. Immerhin hätte er – so sagt man ja – eine ähnlich geringe Impulskontrolle wie der US-Präsident. Das gäbe sicher Rambozambo. Was wir jetzt bräuchten, wären gestandene Transatlantiker vom Schlage eines Norbert Röttgen oder eines Sigmar Gabriel, die über genügend Strippen verfügen, an denen sie jetzt im Geheimen ziehen könnten. Stattdessen werden wir uns mit außenpolitischen Newcomern wie Friedrich Merz oder Lars Klingbeil begnügen müssen. Der einzige im potenziellen Personaltableau mit Außenpolitik-Erfahrung dürfte der jetzige Verteidigungsminister sein, dem schon jetzt von vielen das Außenamt angetragen wird. Dabei wäre es ebenso wünschenswert, wenn er seinen Job im Verteidigungsministerium zu einem guten Ende führen würde. Was derzeit an Posten-Schacher kolportiert wird, lässt einen ohnehin Schlimmstes ahnen. Eine Scheidungsanwältin als Familienministerin, eine Weinkönigin für die Wirtschaft, ein gewesener Gesundheitsminister für was auch immer, außer Gesundheit – und selbst der Bild-Zeitung fehlt die Fantasie, um der ehemaligen Digitalstaatssekretärin eine besondere Eignung für irgendein Ressort zuzugestehen. Am zielführendsten scheint noch die Belobigung des bayerischen Bauernpräsidenten zum Landwirtschaftsminister zu sein. Dafür gibt es jede Menge Länderproporz: ein Spätpubertierender aus Meck-Pomm als Minister für was auch immer, ein Schwabe als Kanzleramtsminister, ein Bayer – wie immer – als Verkehrsminister. Für Donald Trump war die wichtigste Kernkompetenz bei seiner Regierungsbildung Hörigkeit und bedingungslose Loyalität – selbst, wenn es gegen den gesunden Menschenverstand geht. In Deutschland ist zu befürchten, dass auch hier die falschen Auswahlkriterien angewendet werden. Denn auch in der künftigen Bundesregierung dürfte Sachverstand nicht im Wege stehen. Dass Sachverstand auch nicht unbedingt zu einer politischen Traumkarriere führen muss, hat in den letzten Jahren der glücklose Karl Lauterbach bewiesen, dem man alles nachsagen kann – nur nicht fehlende Kompetenz in Gesundheitsfragen. Aber ein bisschen mehr Technokraten, die sich für die Sache einsetzen und nicht die nächste Wiederwahl im Auge haben, täte dem Land wirklich gut. Noch kann Friedrich Merz seine Regierung personell schmieden. In Zeiten der harten politischen Auseinandersetzungen, der Finanzkrisen und des Kriegsgeschreis wäre etwas mehr Fachkompetenz wünschenswert. Das gilt natürlich auch für das Amt des Bundeskanzlers selbst, der jetzt dringend einen Crash-Kurs in politischer Amtsführung absolvieren muss. Wir haben Führung bestellt, aber bekommen wir sie auch? Sonst herrscht ab Ostermontag Rambozambo.
von Heinz-Paul Bonn 24. Februar 2025
Auch wenn einer schwarz-rot-gelben Koalition das Gelb abhandengekommen ist – jetzt müssen Union und SPD in der nächsten Bundesregierung einen Deutschlandpakt schmieden, damit es Deutschland packt in den kommenden Monaten. Und ganz bestimmt müssen dazu die Debatte und der Fokus wieder auf die wirklichen Themen gelenkt werden, während – unverständlich genug – der Wahlkampf von Scheinthemen und Nebensächlichkeiten dominiert wurde. Denn es geht nicht um die Frage, wie viele Menschen am Tisch sitzen, sondern darum, was und wie viel auf den Tisch kommt. Es geht nicht darum, ob wir unsere Grenzkontrollen ohne das nötige Personal überhaupt verstärken können. Es ist auch nicht die Frage, wer wem die Arbeitsplätze wegnimmt oder sich auf Kosten des Sozialstaats einen schlanken Fuß macht. Die wirklich entscheidende Antwort auf die brennenden Probleme besteht vordringlich darin, wie wir die Wirtschaft und Investitionen wieder flottkriegen. Dann wird sich auch die Mitte der Gesellschaft wieder in einem Deutschlandpakt zusammenfinden. Das Volk, der Souverän, hat souverän entschieden und Mehrparteien-Koalitionen eine Absage erteilt. Er hat gewählt, was er kennt. Experimenten unter Beteiligung von Christian Lindner (FDP) oder Sahra Wagenknecht (BSW) hat er eine Abfuhr erteilt. Schwarz-Rot ist alternativlos – es sei denn, der künftige Bundeskanzler würde wortbrüchig und sich für eine Alternative entscheiden. Und dennoch hat der Souverän den Regierungsauftrag mit einem deutlichen Denkzettel versehen, indem er die SPD mit dem historisch schlechtesten und die Union mit dem zweitschlechtesten Ergebnis in den Bundestag geschickt hat, wo mit einer erstarkten AfD ein blauer Elefant im Saal sitzt. Er steht für die ungelösten Herausforderungen im Land. Dieser rechte Spuk wird erst verschwinden, wenn auch die Probleme verschwunden sind. Das ist die eigentliche Ermahnung, die das Volk an der Wahlurne angekreuzt hat – ein Deutschlandpakt eben. Aber es bleibt auch ein fader Geschmack nach dieser Wahlnacht: Hätten wir das alles nicht schon im vergangenen November haben können? Hätte sich nicht auch damals schon ein Deutschlandpakt schmieden lassen, ohne vier Monate zu verlieren, in denen wir die richtigen Weichenstellungen für den Wirtschaftsstandort, für soziale Gerechtigkeit, die innere Sicherheit und den äußeren Frieden hätten treffen können? Wir haben weder eine Richtungswahl erlebt, noch vorher einen Lagerwahlkampf geführt. Wir haben – und das ist vielleicht viel verhängnisvoller – eine Zeit der Sprachlosigkeit und der Tatenlosigkeit hinter uns. Die Wintermonate werden als eine Phase in die Geschichte eingehen, in der sich Familien unterm Weihnachtsbaum entzweiten, weil ihre Wahlpräferenzen und politischen Wahrnehmungen scheinbar unversöhnlich aufeinanderprallten. Wenn wir das überwinden, wenn wir wieder eine Große Koalition in der Bevölkerung erreichen können, ist schon viel gewonnen. Deshalb ist Tempo angesagt, wenn es um die Bildung einer neuen und vor allem handlungsfähigen Bundesregierung geht. Noch ist Rot-Grün kommissarisch im Amt und sollte während der jetzt notwendigen Sondierungen nicht daran gehindert werden, die richtigen Weichenstellungen schon einmal vorzubereiten und einzuleiten. Olaf Scholz kommt jetzt die wichtige Rolle eines Vollziehungsbeamten zu, der zwar keine eigene Macht mehr hat, aber die Mittel, jetzt das Richtige zu tun. Jetzt den Deutschlandpakt in Abstimmung mit der Union vorzubereiten, solange die neue Regierung noch nicht im Amt ist, wäre sein letzter Dienst am Land.
von Heinz-Paul Bonn 17. Februar 2025
Paris, Brüssel, München und demnächst dann einmal Riad – irgendwie hängt in diesen Tagen alles mit allem zusammen. Da wollten zu Beginn der Woche alle diejenigen, die Aktien im europäischen Wettlauf um die beste künstliche Intelligenz haben, eine eigene, souveräne Initiative für den Alten Kontinent gründen und beklatschen, doch die Ankündigung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, gut 100 Milliarden Euro zusammenzutrommeln, war schon am Tag eins des Artificial Intelligence Action Summit in Paris nur noch eine Nebensache. Dafür beherrschte das feindliche Übernahmeangebot von Elon Musk an OpenAI die Debatte. Zwar hatte OpenAI-Chef Sam Altman das Angebot postwendend und höhnisch zurückgewiesen, doch in diesen Tagen weiß niemand genau, was auf Ankündigungen aus den USA tatsächlich folgt: Muskelspiele oder Säbelrasseln? Tatsächlich ist ohnehin weitgehend unklar, was Elon Musk mit seinem Übernahmeangebot wirklich bezwecken will. Vordergründig will er verhindern, dass OpenAI seinen selbst gewählten Status als Non-Profit-Organisation aufgibt, um mit ChatGPT und seinen starken Partnern – wie zum Beispiel Microsoft – ordentlich Gewinn zu machen. Hintergründig geht es aber wohl eher darum, einen Wettbewerber auszuschalten und regulierend in den Markt einzugreifen. Zwar klingt das Ende von Regulierungen, die in Europa nun wirklich überhandgenommen haben, ganz gut. Doch das aktuelle US-amerikanische Regime, zu dem nun auch Elon Musk gehört, versteht unter (De)-Regulierung ganz etwas anderes. Es geht darum, dass die gewogenen Unternehmen freie Zügel wie russische Oligarchen bekommen, während der Rest Europas einfach einem fremden Willen unterworfen werden soll. Es ist Teil der MAGA-Kost, die uns seit der Amtseinführung von Donald Trump täglich vorgesetzt wird: Make America Great Again. Und das heißt: wenn Europa nicht nach den US-amerikanischen Regeln spielt, sitzt es noch nicht mal mit am Tisch. Anders kann man die Äußerungen von US-Verteidigungsminister Pete Hegseth auf dem Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel und die des Vizepräsidenten J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz gar nicht interpretieren. Jetzt stehen fünf Prozent des jeweils nationalen Bruttoinlandsprodukts als Militärausgaben im Raum. Das entspräche für Deutschland 200 Milliarden Euro bei einem Bundeshaushalt von gut 500 Milliarden Euro. Da kann der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius nach den Konsultationen in Brüssel nur noch müde mit den Schultern zucken. Es sei doch egal, ihm jetzt drei oder 3,5 Prozent zu sagen. Und schon zieht die Karawane weiter: die Münchner Sicherheitskonferenz wird überschattet von einem spontanen Telefonat zwischen Trump und Putin sowie der Ankündigung eines Vorbereitungstreffens einer US-amerikanischen und einer russischen Delegation in Saudi-Arabien, das dann den „Deal“ zwischen Trump und Putin vorbereiten soll. Schon macht das Wort vom Diktatfrieden oder der Unterwerfung Europas die Runde – und die Mächtigen auf diesem Kontinent wachen auf, um zu erkennen, dass es für alles zu spät zu sein scheint. Sicherheitsexperten warnen, dass ein Waffenstillstand Russland die Zeit geben könne, Luft zu holen und sich zu remunitionieren. So würde eher früher als später der nächsten Flächenbrand über Europa entflammen – mit einer dann von den USA weitgehend alleingelassenen NATO und einer EU, die sich gerade erst schüttelt, um zu einer gemeinsamen Außen- und Rüstungspolitik zu kommen. Drei Jahrzehnte Träumerei vom „Ende der Geschichte“ und dem Unsinn von Investitionen in eine wehrhafte Republik schlagen zurück. Dabei gilt immer, dass jede Krise auch eine Chance ist. Würde die deutsche Wirtschaft auf eine verlässliche Politik setzen können, würden ausgesetzte Investitionen wieder fließen. Das versprechen nahezu alle Wirtschaftsverbände. Ohnehin zeigt eine jüngste Umfrage unter den 100 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland, dass keineswegs die hohen Energiekosten das Hauptproblem der Wirtschaft sind, sondern die hohen Lohn- und Stückkosten sowie die überbordende Regulierung. Hier kann Deutschland, hier kann Europa schnell Abhilfe schaffen. Auf dem Papier ist Europas Wirtschaftskraft stärker als die Russlands. Man könnte ein Wettrüsten also gewinnen – und dabei gleichzeitig das Bruttoinlandsprodukt anheben. Und in Paris zeichnete sich eine weitere Innovationsperspektive ab: Man könne KI auch zur intelligenten Kriegsführung einsetzen, heißt es. Die – wie es heißt – „Kill Chain“ könne smarter werden, während Rüstungsversäumnisse nachgeholt werden. Das sind Worte, die lange nicht gesprochen wurden, und die wir eigentlich auch nie wieder hören wollten. Aber es ist auch Zeit für europäische Muskelspiele.
von Heinz-Paul Bonn 10. Februar 2025
It sounds like a knighthood: “Germany has become a global leader in the adoption of artificial intelligence.” That’s how OpenAI CEO Sam Altman justifies his decision to open an office in Munich, establish a dedicated sales team, and deploy his “Forward Deployed Engineering” task force to advance AI projects in German companies. He even plans to visit Munich more frequently. Of course, this might also have something to do with the fact that Munich is home to Microsoft’s German headquarters—OpenAI’s most important business partner, which has already invested around $13 billion in the AI startup. Not to mention the Technical University of Munich, which produces top-tier AI talent year after year. Still, it’s music to the ears of a German business community plagued by self-doubt when OpenAI’s Chief Revenue Officer, Giancarlo Lionetti, tells Handelsblatt: “Germany is a key growth market.” OpenAI is focusing on industries ranging from manufacturing and pharmaceuticals to financial services and healthcare. However, there’s a bitter aftertaste: after opening offices in London, Dublin, Brussels, Paris, and Zurich, Germany was only the sixth location on OpenAI’s list. But the race for AI dominance isn’t being decided by large-scale projects with global corporations. Instead, the real battle is taking place in the intricate world of small and medium-sized enterprises (SMEs). In Germany alone, more than three million SMEs are on the brink of investing in AI. Across Europe, that number is ten times higher, and globally, we’re talking about hundreds of millions of potential SME customers. Yet, anyone who truly wants to understand the SME market must study the German Mittelstand. Nowhere else in the world is the economic and social relevance of SMEs and family-owned businesses as pronounced as it is in Germany. And nowhere else is industry-specific differentiation so meticulously refined. A one-size-fits-all solution may work for American SMEs, but in Germany, every business owner insists on tailored solutions for their specific industry and needs. Microsoft Understood This Before OpenAI Did Microsoft grasped this long before OpenAI. The tech giant has built a dense network of sales and development partners across Europe to serve SMEs effectively. In Germany alone, Microsoft works with around 30,000 partners—which translates to an average of 100 SME customers per partner. Such a tightly woven partner network is rare in any other economy. And because Microsoft understands that SMEs can only be reached through a strong partner channel, Redmond recently made a strategic decision: to reunite its SME business and partner management under a single organizational structure. That was the right move. But an even better decision was to entrust leadership of this new organization to a German—Ralph Haupter, the former EMEA head, who knows the Mittelstand like few others do. Microsoft’s German DNA and OpenAI’s Learning Curve One could argue that with Haupter’s appointment as head of the new SME&C organization, Microsoft has become a little more German. More importantly, the company is returning to a strong, Mittelstand-focused strategy that had previously been so successful. During Microsoft’s last wave of corporate centralization last summer, the direct communication lines to SME customers were carelessly severed. Instead, marketing and product messaging were dictated exclusively from Redmond’s top management. But you can’t sell AI-powered solutions to a French winemaker or a German organic farmer using examples from America’s Midwest, where self-driving tractors harvest crops on fields larger than some entire Italian municipalities. SMEs—and their unique regional and industry-specific needs—must be addressed individually. That requires a dense, well-trained partner network. It’s equally crucial that small and mid-sized software and system integrators rapidly expand their AI expertise. While project-oriented task forces can be valuable, they cannot replace direct connections with millions of SME customers. Sam Altman will need to learn this if he wants to compete with Microsoft in this space. Of course, he could speed up the process by strengthening his partnership with Microsoft and leveraging its established partner network. Meanwhile, OpenAI’s competitor Anthropic (Amazon’s AI partner) is already joking that OpenAI might as well focus on non-paying consumer users, while Anthropic itself takes over the lucrative business segment. The Future of AI Belongs to SMEs The real AI market battle has begun—not in corporate boardrooms but in the global SME sector. As Microsoft refines its strategy, SMEs and their tech partners stand to gain the most from this renewed focus. I wholeheartedly wish Ralph Haupter success in leading this challenging yet essential mission.
von Heinz-Paul Bonn 10. Februar 2025
Es klingt wie ein Ritterschlag: „Deutschland hat sich zu einem weltweiten Vorreiter bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz entwickelt.“ So begründet OpenAI-Chef Sam Altman seine Entscheidung, ein Büro in München zu eröffnen, eine eigene Vertriebsmannschaft aufzubauen und die eigene Task Force „Forward Deployed Engineering“ in deutschen Unternehmen KI-Projekte vorantreiben zu lassen. Und er selbst werde künftig häufiger in München vorbeischauen. Das allerdings könnte auch andere Gründe haben: In München ist die Deutschland-Zentrale seines wichtigsten Geschäftspartners Microsoft, das bereits rund 13 Milliarden Dollar in das KI-Startup gesteckt hat, und die Technische Universität, die Jahr für Jahr hervorragend ausgebildete KI-Experten hervorbringt. Doch es klingt wie Balsam für die geschundene und in Selbstzweifeln zerfressene deutsche Seele, wenn auch Vertriebschef Giancarlo Lionetti im Gespräch mit dem Handelsblatt attestiert: „Deutschland ist ein wichtiger Wachstumsmarkt.“ Von der Industrie über die Pharmazie bis hin zu Finanzdienstleistungen und dem Gesundheitswesen nehme man zahlreiche Branchen in den Blick. Allerdings findet sich auch Wermuth im Wein, den OpenAI den Deutschen einschenkt: Nach London, Dublin, Brüssel, Paris und Zürich fällt die Entscheidung für Deutschland erst an sechster Stelle. Der Wettlauf im Markt für Künstliche Intelligenz wird tatsächlich nicht mit Großprojekten bei globalen Konzernkunden entschieden, sondern in der Klein-Arbeit im Mittelstand. Während in Deutschland mehr als drei Millionen mittelständische Unternehmen an der Schwelle zu Investitionen in KI stehen, sind es in Europa rund zehnmal so viel, weltweit dürften es Hunderte Millionen sein. Doch wer das Small and Medium Business verstehen will, sollte den Mittelstand in Deutschland studieren. Hierzulande ist die volkswirtschaftliche Bedeutung der sogenannten KMUs besonders hoch wie auch die gesellschaftspolitische Relevanz der Familienunternehmen. Und nirgendwo ist die branchenspezifische Abgrenzung so ausgefeilt. Eine Lösung für alle – das mochte lange für US-amerikanische SMEs funktionieren – in Deutschland pocht jeder Firmenchef auf seine unternehmerische Besonderheit. Das hat Microsoft lange vor OpenAI verstanden und den Mittelstand in Europa über ein dichtes Netz aus Vertriebs- und Entwicklungspartnern bedient. Allein in Deutschland sind es rund 30.000 Partnerunternehmen, was einer rechnerischen Verteilung von Hundert Mittelstandskunden pro Partner entspricht. So dicht ist das Partnernetz in kaum einer anderen Volkswirtschaft. Und weil Microsoft genau weiß, dass es die Small and Medium Enterprises nur über den Partner Channel in ausreichender Qualität und Zuwendung erreichen kann, hat man in Redmond jetzt entschieden, den Partnerkanal und die SME-Verantwortung wieder in einer Organisation zusammenzulegen. Das war richtig. Aber richtiger noch ist die Entscheidung, die Verantwortung für diese Organisation in die Hand eines Deutschen zu legen, der wie kaum ein anderer den Mittelstand kennt: des bisherigen EMEA-Chefs Ralph Haupter. Man könnte sagen: Mit seiner Ernennung zum Chef der neuen SME&C-Organisation ist Microsoft ein Stückchen deutscher geworden – in jedem Fall kehrt die lange Zeit so erfolgreiche klare Ausrichtung auf den Mittelstand oder die SMEs zurück. Bei der letzten Rezentralisierung, die Microsoft im vergangenen Sommer durchgezogen hatte, war der direkte Kommunikationsdraht zu den mittelständischen Kunden mutwillig gekappt worden, indem Nutzenargumente fast ausschließlich vom Top-Management in Redmond formuliert wurden. Man kann aber einem französischen Winzer und einem deutschen Biobauern nicht mit Beispielen aus dem amerikanischen Mittelwesten kommen, wo KI-gestützte Landmaschinen die Erntearbeit auf Feldern verrichten, deren Größe es mit der Fläche von italienischen Gemeinden aufnehmen könnten. Den Mittelstand und seine landes- und branchenspezifischen Besonderheiten muss man individuell adressieren. Das kann nur über ein dichtes Netz an qualifizierten Partnern erfolgen. Deshalb ist es ebenso entscheidend, dass die kleinen und mittelständischen Software- und Systemhäuser schnell ihre KI-Kompetenz ausbauen. Auch dazu bedarf es der individuellen Kommunikation. So wertvoll der Einsatz von projektorientierten Task Forces sein mag, ohne den Draht zu den Millionen Kunden im Mittelstand geht nichts. Das wird Sam Altman noch lernen müssen, wenn er mit Microsoft in Konkurrenz treten will. Schneller ginge es freilich, würde er die enge Beziehung zu Microsoft wieder festigen und sich des etablierten Partnernetzes bedienen. Ohnehin feixt man bei Anthropic, dem KI-Partner von Amazon Web Services bereits, OpenAI könne ja den Markt für die (nicht zahlenden) Privatkunden übernehmen, während man selbst die Geschäftskunden adressiere. Für den Markterfolg mit Künstlicher Intelligenz beginnt jetzt die Reise zum Mittelstand der Erde. Es sind die kleinen und mittleren Unternehmenskunden und die Partner, die von dieser Wieder-Neuausrichtung profitieren werden. Ich wünsche Ralph Haupter von ganzem Herzen viel Erfolg bei dieser anspruchsvollen Aufgabe.
von Heinz-Paul Bonn 3. Februar 2025
Der aktuelle Wettlauf um das nächste beste KI-Modell erinnert an den Wettlauf zwischen Hase und Igel. Der Hase – in diesem Fall Donald Trump – verkündet ein 500-Miliarden-Dollar-Projekt namens „Stargate“, mit dem die Infrastruktur für das nächste ganz große Ding in Sachen Künstlicher Intelligenz geschaffen werden soll. Der Igel dagegen ruft „Ich bin schon da!“ Der Igel, das ist die bis dato unbekannte chinesische Forschungsgruppe DeepSeek, die ein gleichnamiges KI-Modell vorgestellt hat, das aus dem Stand heraus die gleiche Leistungsfähigkeit aufweist, wie das bislang ausgefeilteste ChatGPT-Modell aus dem Hause OpenAI. Und schon jetzt gehört DeepSeek zu den am häufigsten heruntergeladenen Apps. Denn es hat einen entscheidenden Vorteil. Es ist kostenlos. Zwar gehen bei der Vorstellung von einer kostenlosen chinesischen KI-App bei westlichen Beobachtern sofort sämtliche Warnleuchten an: die Software könnte vom Regime in Peking zu Spionagezwecken genutzt werden; das Angebot könnte ein weiterer Beitrag zur Destabilisierung der freien Welt sein; bei der Entstehung sind mutmaßliche Patente und Codes der US-amerikanischen Tech-Giganten gestohlen worden. Mag alles sein. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass DeepSeek mit erstaunlich wenig Ressourcen an Rechenleistung auskommt und darüber hinaus für seine Entwicklung nur ein kleines Budget an Geld und Zeit verbraucht haben soll. Und zur Wahrheit gehört, dass DeepSeek – anders als OpenAI – als Open Source bereitgestellt worden ist und deshalb von jedem Interessierten heruntergeladen, gecheckt, verändert und weiterverwendet werden kann. DeepSeek muss also nicht auf chinesischen Servern laufen, sondern könnte in die firmeneigene IT-Infrastruktur eingebunden werden – geschützt hinter einer Firewall, die den Zugriff aus Peking abwehren könnte. „Timeo Danaos et dona ferentes“ – („Fürchte die Danaer, auch Geschenke bringende!“ „φοβοῦ τοὺς Δαναοὺς καὶ δῶρα φέροντας“) – sollten wir die Chinesen fürchten, weil sie uns ein Trojanisches Pferd in Gestalt von DeepSeek als Danaergeschenk überlassen? Vorsicht ist sicher geboten. Aber nur, wer die Gefahr kennt, kann sie auch überwinden. Es gibt aber noch eine zweite Deutung, die für Forschende und Unternehmen in Europa brisant ist: Wegen der noch in Donald Trumps erster Amtszeit gegen China verhängten Sanktionen, hatte das DeepSeek-Team keinerlei Zugriff auf die angesagtesten KI-Chips von Nvidia oder ARM. Das Low-Budget-Projekt musste Investitionen durch Intelligenz ersetzen – und hat das offensichtlich auch getan. Ein Beispiel dafür ist die mehrstufige Architektur, mit der komplexe KI-Analysen in viele kleine Schritte aufgeteilt werden können. Das dauert zwar länger, ist aber wohl eher kein Show Stopper. Die Europäer haben jedenfalls keinen Grund – wenn sie ihn denn je hatten – zur Larmoyanz angesichts der Milliarden an Dollars, die US-amerikanische Tech-Giganten in ihre KI-Projekte stopfen. Viel hilft eben nicht immer viel. Wir sollten uns deshalb die Forschenden hinter DeepSeek zum Vorbild nehmen. Sie haben gezeigt, wie ein europäischer Igel vor dem Hasen ins Ziel einlaufen kann. Die nächsten Monate werden zwei Entwicklungen zeigen: Erstens werden wir erleben, ob DeepSeek einen ebensolchen Sturmlauf hinlegt, wie ihn ChatGPT vor zweieinhalb Jahren gestartet hat. Zweitens wird sich zeigen, ob das Projekt „Stargate“ jemals seine Pforten öffnen wird. Denn noch sind sowohl die Ziele hinter dem Sternentor umstritten bis unklar. Und noch gilt die private Finanzierung durch OpenAI, Oracle und die japanischen und saudischen Investmentfonds als völlig ungewiss. Sicher ist nur, dass OpenAI-Chef Sam Altman auf der Suche nach der Artificial General Intelligence, also der für alle denkbaren Aufgabenstellungen mit einem die menschliche Intelligenz übertreffenden KI-Modell, willensstarke Finanzpartner findet. Auf die Trump-Administration kann er nur insoweit rechnen, als sie hemmende Regularien beiseiteschaffen kann. Aber die Anfangserfolge von ChatGPT lassen sich nicht beliebig fortsetzen. Je komplexer die Sprachmodelle mit vielen Hundert Milliarden Parametern werden, desto geringer wird der Leistungszuwachs. Es wird irgendwann einfach zu teuer, diese Systeme zu planen, anzulernen und fehlerfrei auszuliefern. Schon jetzt soll der größte Teil des Stargates dafür verwendet werden, die nötige Energie bereitzustellen, die es braucht, um die Rechenleistung zu erbringen, die Artificial General Intelligence verschlingen wird. Vielleicht hat bis dahin eine durch europäische Schwarm-Intelligenz entstandene KI à la DeepSeek längst das Licht der Computerwelt erblickt. Lasst es uns wenigstens versuchen. Ausreden gibt es nicht.
von Heinz-Paul Bonn 27. Januar 2025
Man kann über US-Präsident Donald Trump und seine erste Woche zurück im Oval Office denken, was man will – aber es gibt doch einige Punkte, in denen er sich zumindest positiv vom deutschen und europäischen Politpersonal unterscheidet. Erstens: Er hat wenigstens einen Plan, auch wenn der vielen missfällt. Zweitens: Er hat die nötigen Machtmittel, auch wenn das zu Missbrauch verleitet. Drittens: Sein Wahlkampf hat die wahren Ängste der Bevölkerung angesprochen, als da wären Migration und Überfremdung, Inflation und Wohlstandsverlust sowie schließlich die wachsende Distanz zum Establishment. Wir werden sehen, was für Auswirkungen seine düsteren Andeutungen und unverhohlenen Drohungen, wie er sie per Video-Schalte gegenüber den rund 3000 Wirtschaftsvertretern auf dem Weltwirtschaftsforum im Schweizerischen Davos vorbrachte, auf die globalen Beziehungen zwischen Staaten, Gesellschaften und Unternehmen haben werden. Es ist ein neo-liberales Großexperiment, bei dem alles auf den Tisch kommt, was bisher unter denselben gekehrt wurde. Und es ist ein Weckruf an Europa, nicht länger als globaler Trittbrettfahrer mitzusurfen, sondern auch selbst endlich Schwung zu holen. Wir müssen da hingehen, wo´s schmerzt! In der Tat: Davos schmerzt! Es ist besorgniserregend, wie der alte und neue US-Präsident von den Konzernkapitänen hofiert wird. Aber es ist noch besorgniserregender, wenn der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz eine langweilige und wohl auch gelangweilte Rede abliest – und abschließend niemand eine Frage an ihn hatte. Bis sich ein Frager seiner erbarmte und sich nach seiner Afrika-Politik erkundigte. Es ist aber auch besorgniserregend, wenn der derzeitige Oppositionsführer Friedrich Merz sich als künftiger „Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland“, wie er selbst immer gerne wie ein Mantra betont, herumreichen lässt, dann aber auf dem Weltwirtschaftsgipfel eine Rede über Migrationspolitik hält. „Da hat ihm wohl jemand die falsche Rede eingepackt“, witzelte ein Teilnehmer. Doch der Grund für die falsche Stimmlage bei Scholz und Merz liegt wohl eher darin, dass allen in Deutschland derzeit Wahlkämpfenden das richtige Konzept zur Wirtschaftspolitik abgeht. Es ist nicht einfach für die Unionsparteien, bevorstehende soziale Einschnitte anzukündigen, während gleichzeitig die Stimmen der davon Betroffenen die Voraussetzung für einen Bundeskanzler Friedrich Merz sind. Und es ist nicht leicht für Union und Liberale, über mehr Freiheit in der sozialen Marktwirtschaft zu sprechen, wenn sie damit beide im gleichen Stimmenteich fischen. Und es ist ebenfalls nicht leicht für den Bundeskanzler Olaf Scholz, mehr soziale Gerechtigkeit und sichere Renten zu versprechen, gleichzeitig aber mit der Gegenfinanzierung durch Reform der Schuldenbremse und einer wie auch immer gearteten Reichensteuer die mittelständische Wirtschaft weiter gegen sich aufzubringen. Aber wir müssen dahin, wo´s schmerzt. Denn ohne Einschnitte kommen wir nicht zurück zu den marktwirtschaftlichen Prinzipien, die nach und nach seit der Jahrtausendwende durch immer mehr staatliche Eingriffe ausgehöhlt wurden. Deshalb müssen die Staatsausgaben neu strukturiert werden. Die Wirtschaft muss von der Leine gelassen werden, indem strengen Regulierungen zurückgenommen werden. Gleichzeitig müssen Eingriffe in den Markt durch einseitige Unternehmenssubventionen aufhören. Und schließlich müssen Steuer- und Abgabenlasten für alle Menschen sinken. Gegenfinanzieren kann man das durch den Verzicht auf Umverteilungsmaßnahmen. Weder Deutschland noch Europa sind ein Krankheitsfall wie etwa Argentinien, wo derzeit die „Kettensägenpolitik“ von Javier Milei trotz der herben Einschnitte durch die Bevölkerung getragen wird. „Wir leben in einer Zeit, in der die Regeln neu geschrieben werden“, frohlockte er in Davos. Oder sind es vielmehr die alten Regeln, die aus der Mottenkiste des Staatsprotektionismus hervorgeholt werden. Schließlich sind auch Zölle auf Einfuhren ein ungeeignetes nationales Mittel des staatlichen Eingriffs in eine freie Wirtschaft. Wo vorgestern noch Greta Thunberg und das Ringen um Nachhaltigkeit im Zentrum des Weltwirtschaftsforums stand, dominierten diesmal nationale und marktliberale Töne und ihre Vertreter wie Trump und Milei. In Davos machte das Wort vom „Post-Globalisierungszeitalter“ die Runde. Doch Europa wäre schlecht beraten, wenn es in die dumpfe Vergangenheit einer nationalstaatlichen Politik zurückfallen würde. Es braucht mehr Souveränität. Aber vielleicht ist Trumps Agenda auch ein wichtiger Weckruf für die EU. Auch wenn´s schmerzt.
von Heinz-Paul Bonn 13. Januar 2025
Als der Autopionier Henry Ford über die Designprinzipien seines berühmten Modells T nachdachte, galt sein Hauptaugenmerk den Farmern im dünnbesiedelten amerikanischen Mittelwesten und der Tatsache, dass es dort im näheren Umkreis weder Werkstätten, noch Tankstellen gab. Das Modell T solle also so gebaut werden, dass jeder Farmer mit den Werkzeugen, die er vor Ort zur Verfügung hatte, die notwendigen Reparaturen vornehmen konnte. Der Innovationsschritt durfte also nicht allzu groß sein. Er war dennoch riesig. Denn laut einem ihm zugeschriebenen Zitat hätten sich die Farmer lieber „schnellere Pferde“ gewünscht. Ein Automobil hatten sie nicht auf dem Wunschzettel. Hätte Henry Ford auf die Farmer gehört, würde er ein Dopingmittel für die Pferde entwickelt haben – aber kein Billig-Auto. Nicht viel anders verläuft es mit Künstlicher Intelligenz. Niemand wünscht sich KI, um der KI willen. Aber als Detailverbesserung in bestehenden Produkten lockte Künstliche Intelligenz Hunderttausende Besucher auf die Consumer Electronics Show in Las Vegas, die in diesen Tagen zu Ende ging. Die Herausforderung, der sich die führenden Elektronik- und Automobilhersteller stellen, lautet eben nicht: “Wie können wir mit KI disruptive Lösungen entwickeln?“, sondern lediglich: „Wie können wir unsere bestehenden Produkte mit KI optimieren?“ Überall flimmerten TV-Geräte, die noch größer, noch hochauflösender und eben noch smarter sind. Saug- und Wisch-Roboter zeigten, was sie dank KI an neuen Fertigkeiten erlernt haben, und Brillen mit eingebautem Display werden immer komfortabler, können die Umgebungssprache in Echtzeit übersetzen, nehmen ihre Umwelt wahr und liefern dazu ergänzende Informationen – Augmented Reality plus KI könnte tatsächlich eines der ganz großen Sachen für die nächste Zukunft sein. Aber ob man wirklich einen Projektor für das hintere Autofenster braucht, das – wie es der deutsche Autozulieferer Continental demonstrierte – auf diese Weise mit der Außenwelt kommunizieren kann, darf erstmal getrost hinterfragt werden. „Komme gleich wieder“ kann man auch auf einen Zettel schreiben. Und ob man, wie im Demobeispiel gezeigt, auf dem Parkplatz eines Fußballstadions wirklich das Wappen seiner Lieblingsmannschaft auf die Scheibe projizieren sollte, erscheint angesichts gewaltbereiter Hooligans heutzutage ebenfalls äußerst zweifelhaft. Überall auf der CES 2025 steckte KI drin. Aber gezeigt wurden die gewohnten Geräte: Roboter, die kleine Transportaufgaben übernehmen, smarte Haushaltsgeräte, Laptops und Smartphones mit faltbaren oder ausrollbaren Displays, Holodecks für den Schreibtisch oder den Küchentisch – alles mit Künstlicher Intelligenz gewürzt. Aber am Ende waren es im übertragenen Sinne immer noch Pferde für Farmer – nur schneller und smarter. Auch der von Keynote-Speaker Jensen Huang, dem Vorstandsvorsitzenden von Nvidia, vorgestellte Supermini-Supercomputer für den Schreibtisch ist letztendlich nur ein schnellerer, kleinerer, kompakterer und günstiger, auf KI-Anwendungen spezialisierter Hochleistungsrechner mit neuem, bisher noch geheim gehaltenem Chipsatz. Aber er könnte eine Trendwende in der KI-Revolution einläuten. Das für schlappe 3000 Dollar ab Mai erhältliche Dings könnte demnächst tatsächlich in jeder Uni, jedem Entwicklungszentrum und sogar bei einigen Mittelständlern auftauchen, um KI-Algorithmen ganz ohne Cloud und Herstellerabhängigkeit zu trainieren. Es ist das klassische Hin und Her, das wir in der Datenverarbeitung seit Erfindung des Abacus kennen. Die IT-Infrastruktur oszilliert kontinuierlich zwischen Dezentralisierung und Rezentralisierung. Es ist jetzt schon abzusehen, dass irgendwann die erste Server-Farm mit Tausenden von Nvidia Superminis aufmacht und KI-Services zu einem nie dagewesenen günstigen Preis anbietet. Doch am Ende ist auch das nur ein schnelleres Pferd. Ein schnelles, smartes Pferd hatte auch der parteilose Bundesverkehrsminister Volker Wissing im Gepäck, als er nach Nevada reiste, um die Auszeichnung für Deutschland als einer von 25 Innovation Champions entgegenzunehmen. Er nannte das Unternehmen Vay als Beispiel dafür, dass sein Land tatsächlich führend in der KI-Forschung sei. Vay lenkt entsprechend umgebaute Taxis remote, also von einem zentralen Arbeitsplatz aus, an dem der Fahrer sitzt und über Bildschirme den Straßenverkehr beobachten kann. Vay hat inzwischen für Hamburg eine befristete Fahrerlaubnis erhalten. Dort sind seitdem „smartere Pferde“ unterwegs.
von Heinz-Paul Bonn 6. Januar 2025
Der Bundeskongress der Pessimisten ist kurzfristig abgesagt worden. Begründung: Bringt ja doch nichts! – Kaum ein Bonmot charakterisiert und karikiert derzeit besser die Stimmung in Deutschland. Die Deutschen suhlen sich in pessimistischen Perspektiven – und viele geben sich gleichzeitig der Illusion hin, mit einer neuen Bundesregierung werde sich schon alles zum Besseren wenden. Damit ist jedoch nicht zu rechnen – denn die Rahmenbedingungen, auf die die neue Regierungskoalition treffen wird, sind die gleichen. Und die selbstgewählten Handlungsengpässe wie das Festhalten an der Schuldenbremse sind ebenfalls die gleichen. So schwer es auch fallen mag, wir müssen uns ein Stück Optimismus zurückerobern. Ohne ein wenig Zuversicht in die eigene Leistungsfähigkeit wird es nicht gehen. Die Erkenntnis, dass Fortuna dem Mutigen zur Seite steht, entstammt der römischen Antike. Und „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ ist eine Aufforderung an die Griechen, die Hände nicht nur dazu zu benutzen, das eigene Schicksal anzuflehen. Und tatsächlich gibt es Gründe, mehr Optimismus zu wagen: Trotz zurückgehender Konjunktur waren 2024 in Deutschland so viele Menschen erwerbstätig wie noch nie seit der Wiedervereinigung (Zahlen aus den Jahren davor sind aus naheliegenden Gründen nicht vergleichbar, da in der DDR staatlich verordnete Vollbeschäftigung bestand). 46,1 Millionen Menschen waren im Jahresdurchschnitt sozialpflichtig beschäftigt. Das sind 72.000 Personen oder 0,2 Prozent mehr als im Jahr 2023, die – das sollte nicht übersehen werden – Steuern zahlen und der Sozialkasse nicht zur Last fallen. Seit 2006 wächst die Zahl der Beschäftigten hierzulande kontinuierlich – mit Ausnahme des Corona-Jahr 2020. Zwar hat die Dynamik nachgelassen und Pessimisten befürchten, dass die schwache konjunkturelle Lage dann auch in diesem Jahr auf den Arbeitsmarkt durchschlagen könnte. Aber es ist auch ein Signal vor allem der mittelständischen Arbeitgeber, dass sie gut ausgebildete Fachkräfte und erfolgreich angelernte Arbeiterinnen und Arbeiter halten wollen. Wenn das kein Zeichen von Optimismus ist… Wollte man alles schlechtreden, dann wäre zu betonen, dass ausschließlich das Dienstleistungsgewerbe für das Anhalten des positiven Trends am Arbeitsmarkt verantwortlich ist. Dem Zuwachs von 153.000 Beschäftigten in diesem Sektor steht ein Rückgang von rund 80.000 Personen im Produzierenden Gewerbe und im Baugewerbe gegenüber. Damit sind gut drei Viertel der Beschäftigten inzwischen in Serviceberufen tätig. Pessimisten würden sagen, das wäre ein weiteres Beispiel für die schleichende Deindustrialisierung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Kann man so sehen, muss man aber nicht. Optimisten können antworten, dass es vor allem ein Zeichen der zunehmenden Automatisierung im verarbeitenden Gewerbe ist. Nach Südkorea, wo auf zehn Einwohner bereits ein Roboter kommt und damit unangefochten die Pole Position einnimmt, folgt bereits Deutschland mit rund 450 Robotern pro 10.000 Einwohner und liegt damit vor Japan und China. In diesem Hightech-Umfeld liegen die USA ausnahmsweise mal abgeschlagen auf Rang 7. Übrigens nimmt auch die Zahl der Roboter in der Pflege zu. Was für viele (Pessimisten) eher wie eine Dystopie klingt, könnte für Optimisten der einzig gangbare Weg aus dem Pflegenotstand in Deutschland sein. Wobei: Der Zuwachs an Beschäftigten im Dienstleistungssektor wird auch – wenn auch nur leicht – durch zusätzliche Kräfte in der Pflege geschürt. Auch im Bereich Bildung – also bei Erziehern, Erzieherinnen, Lehrern und Lehrerinnen gab es 2024 einen Anstieg in der Beschäftigtenzahl. Sie gehören zu den Beschäftigten im Bereich Öffentlicher Dienstleistung, der mit plus 184.000 Personen der wesentliche Träger des Beschäftigtenzuwachses im Jahr 2024 ist. Pessimisten könnten nun mutmaßen, dass – mal wieder – die Bürokratie zunehmen wird. Optimisten dagegen sehen, dass die gestiegene Leistungsfähigkeit in den Bereichen Bildung, Pflege, Gesundheit und Verwaltung den Hebel genau an den drängendsten Problemen unserer Volkswirtschaft ansetzt: Wir brauchen bessere Ausbildung, bessere Betreuung der Kranken und Alten und nicht zuletzt eine schnellere Bearbeitung von Anträgen. Wenn jetzt 2025 noch die Beschleunigung durch Digitalisierung und die KI-Transformation hinzukommt, muss uns um den Standort Deutschland nicht so bange sein, wie wir immer gerne tun. Wie sagte Karl Valentin? „Hoffentlich wird es nicht so schlecht, wie es schon ist.“ Steckt da nicht ein Funken Hoffnung drin? Wir sollten mehr Optimismus üben – und sei er noch so verhalten.
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