Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die von Bundestag und Bundesrat mit Zweidrittel-Mehrheit verabschiedete Grundgesetzänderung unterzeichnet. Sie wird nun noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, dann haben Infrastruktur und Klimaschutz einen Quasi-Verfassungsrang und für diese, sowie Militärausgaben stehen nahezu unbegrenzte Mittel zur Verfügung. Schon scharren die Kommunen mit den Hufen, weil sie hoffen, dass die rund 100 Milliarden Euro, die an die Bundesländer fließen sollen, möglichst bald bei ihnen ankommen.
Dass der alte Bundestag sich erst auf seine verfassungsgebende Kraft besinnen konnte, nachdem er abgewählt wurde – geschenkt. Dass hinter dem Giga-Wumms ein massiver Wortbruch von Union und Friedrich Merz steht – geschenkt. Dass mittelständische Unternehmen in Deutschland sich einen solchen Schritt schon im Herbst, wenn nicht noch früher, gewünscht hätten, um sich selbst vor der drohenden Insolvenz zu bewahren – geschenkt!
Wir haben nun also rund eine Billion – eine eins mit zwölf Nullen – Euro zur Verfügung, um unsere Wehrfähigkeit, unsere Infrastruktur und unseren Klimaschutz zu verbessern. Dazu haben wir das Grundgesetz in einem hinteren Paragrafen geändert. Wenn die Milliarden aber zu einem Kurswechsel in Deutschland führen sollen, dann müssen wir auch unsere Verfassung ändern – genauer: unsere innere Verfassung!
Wenn wir unsere innere Verfassung nicht grundlegend ändern, kommen unsere Militärausgaben, unsere Infrastrukturverbesserungen, unsere Klimaschutzmaßnahmen erst zum Tragen, wenn der amtierende US-Präsident seine zweite Amtszeit bereits beendet haben wird. Deshalb müssen wir unsere Bräsigkeit überwinden, die uns seit den Merkel-Jahren – unter Beteiligung praktisch aller politischen Parteien – lähmt. Wir müssen unsere Bürokratie abbauen und unsere Organisationen von unnötigen Nachweispflichten befreien. Wir müssen unsere Bedenkenträgerei gegenüber Neuem hinter uns lassen. Wir müssen uns die Besserwisserei im Nachhinein austreiben. Und nicht zuletzt müssen wir unsere Bequemlichkeit überwinden, die uns dazu verleitet, lieber auf die Umverteilung durch den Staat zu warten als auf die eigenen Kräfte zu setzen. Und schließlich müssen wir wieder eine Sehnsucht, ja ein Verlangen empfinden, erfolgreich zu sein.
Es hilft uns nichts, wenn wir jetzt in Schulklos investieren, wenn wir gleichzeitig vergessen, unsere Lehrerausbildung zu optimieren. Es hilft auch nichts, wenn wir in neue Maschinen investieren, aber an den alten Geschäftsmodellen festhalten. Wir brauchen keine amerikanischen Waffen, wenn es uns gelingen würde, eine einheitliche europäische Rüstungsindustrie in Gang zu bringen. Wir brauchen auch keine US-Cloud, wenn wir uns darauf besinnen, warum wir Gaia-X als europäisches Hightech-Projekt gestartet haben. Und wir brauchen auch keine Windkrafträder, wenn es uns nicht gelingt, die Energiewende vollständig zu Ende zu denken und dann konsequent zu vollziehen.
Und ganz sicher gilt auch: der Mittelstand wird nicht investieren, wenn er nicht das Gefühl der Rechtssicherheit zurückgewinnt. Er wird nicht investieren, wenn die mit Mühe und Sorgfalt ins Land geholten Fachkräfte durch populistische Propaganda wieder vergrault werden oder deswegen erst gar nicht kommen wollen.. Und er wird nicht investieren, wenn ihm keine Perspektive für die Wiedergewinnung einer internationalen Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts geboten wird.
Es ist unsere innere Verfassung an der wir arbeiten müssen. Dazu braucht es keine Zweidrittel-Mehrheiten im Bundestag, es braucht viel mehr: nämlich die Bereitschaft, sich um 180 Grad zu drehen. Nur wenn sich jeder für sich neu erfindet, werden wir die innere Verfassung so verändern, dass sich die Änderung des Grundgesetzes gelohnt haben wird. Ansonsten schaffen wir mit dem vielen Geld, das jetzt zur Verfügung steht, nur hohe Preise, vergangenheitsorientierte Beschaffungsprozesse und eine Investition in eine analoge Vergangenheit, die wir dringend hinter uns lassen müssen.
Ich habe mir zu meinem anstehenden 80. Geburtstag ein Buch geschenkt, in dem ich mich genau diesen Themen widmen will. „Analog war gestern – die jetzt notwendige Verfassungsänderung!“ wird im Spät-Sommer erscheinen. Wer neugierig geworden ist, kann schon jetzt eine Subskription zeichnen.
Den Link dazu gibt es hier.