Es ist ein wenig still geworden um das Internet der Dinge – einem der Kernelemente der Initiative „Industrie 4.0“. Weder der Internet-Kühlschrank noch der Einkaufs-Button von Amazon hat sich durchgesetzt. Lediglich der Thermomix und seine Nachbauten haben die Küche erobert, wobei allerdings auch hier die meisten Küchenautomaten immer noch eher ohne das Internet auskommen. Doch im Fertigungsbereich nimmt die digitale Transformation, nimmt das Internet of Things allmählich wieder Fahrt auf. Schuld an diesem neuen Automatisierungsschub sind einerseits die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Investitionen in eine teilautomatisierte Produktion immer sinnvoller machen.
Andererseits ist aber auch durch Künstliche Intelligenz so etwas wie eine „Killer-App“ entstanden, die das Internet der Dinge zum Internet der Schlauen weiterentwickelt. Ein Grund dafür ist die Fähigkeit der generativen KI, mehr oder weniger selbständig sinnvollen, fehlerfreien und ablauffähigen Code für speicherprogrammierbare Steuerungen zu generieren. KI-gestützte Handhabungsautomaten und Roboter könnten der nächste ganz große Schritt für mittelständische Unternehmen sein, die sich am Weltmarkt mit hoher Qualität bei wettbewerbsstarken Preisen durchsetzen wollen. Denn mit KI-generierter Programmierung können die Produktionsautomaten schneller, flexibler und vor allem kostengünstiger angepasst werden.
Wenn das überhaupt noch nötig ist. Automatisierungsanbieter von Siemens oder Betreiber von cloudbasierten Entwicklungsplattformen wie Microsoft bieten inzwischen Bibliotheken mit Hunderttausenden von Programmierbeispielen an, die bereits optimal auf die jeweiligen Steuerungen angepasst sind. Sie können – ganz analog wie Rezepte beim Thermomix – runtergeladen, aufgespielt und getestet werden. Das ist vor allem bei Normteilen interessant.
Doch das KI-getriebene Internet der Schlauen bietet noch mehr als reine Fertigungsautomation. Über die Cloud kann die gesamte Wertschöpfungskette vernetzt werden – von der Entwurfsphase mit CAD-Bibliotheken über die Simulation mit einem digitalen Zwilling bis zur Programmierung und schließlich zum Betrieb mit Fernüberwachung und -unterstützung. Und in jedem dieser Schritte kann KI als Game Changer fungieren, der die digitale Transformation in der Fertigung erst so richtig voranbringt.
Dabei gilt: je intensiver das Internet der Schlauen genutzt wird, desto schlauer wird es. Das ist durchaus paradox angesichts der Befürchtung, dass der Textausstoß von Sprachassistenten, der derzeit das World Wide Web überflutet, das exakte Gegenteil bewirkt: das Web wird immer dümmer, je mehr KI-generierte Allgemeinplätze gepostet werden und vom nächsten Sprachassistenten übernommen werden. Je schneller aber die Automatisierungsbibliotheken angereichert werden, desto größer ist der Nutzen. Das gilt besonders für den Mittelstand, der sich aufwändige Teams für die Automatisierung nicht leisten kann (oder will).
Das Internet der Schlauen kombiniert deutsche Ingenieurtugenden mit Cloud-Technologien und Künstlicher Intelligenz. Es wäre damit ein ernsthafter Schritt in Richtung digitaler Souveränität. Es wäre doch nicht verkehrt, wenn aus dem Land der Dichter und Denker, der Tüftler und Talente mal wieder ein Welthit käme: das Internet der Schlauen.