Es klingt zunächst einmal verheißungsvoll: Der Grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat diese Woche ein Förderpaket von 3,3 Milliarden Euro für den Mittelstand in Aussicht gestellt. Voraussichtlich ab September können Unternehmen drei Monate lang ihre Projektplanungen einreichen, die ihnen dabei helfen sollen, klimafreundlicher zu wirtschaften. Das Geld für die bis 2030 wirkende „Bundesförderung Industrie und Klimaschutz“ (BIK) wird aus dem Klima- und Transformationsfonds bereitgestellt. Rund drei Milliarden Euro – das klingt viel, ist aber gestreckt auf fünf Jahre „nur“ etwa 600 Millionen Euro pro Jahr.
Aber es ist mehr als nichts. Und vor allem ist es mehr als der Mittelstand derzeit selbst zu investieren bereit ist. Seine Sorgen setzen sich zusammen aus einbrechenden Auslandsmärkten, fehlenden Fachkräften, überbordender Steuer- und Bürokratielast und eben auch hohen Energiekosten. Dort würde das BIK ansetzen. Allerdings weiß jeder, der schon mal über eine Solaranlage auf dem Dach oder eine Wärmepumpe hinterm Haus nachgedacht hat, dass sich die Amortisation hinzieht.
Doch es gibt Anzeichen, dass ein solches Förderprogramm im Mittelstand auf mehr Gegenliebe stoßen könnte als jedes noch so komfortabel ausgestattete Digitalpaket. Die Solaranlage auf dem Dach, die Wärmepumpe hinterm Haus oder die Biogasanlage hinter der Scheune kann man anfassen, Software, die Cloud oder KI nicht. Dass das ein entscheidender, wenn auch unsinniger Hinderungsgrund für Digitalinvestitionen ist, weiß ebenfalls jeder, der schon mal bei seiner Sparkasse oder Bank nach einem Kredit für Digitalprojekte nachgesucht hat. An Hardware kann sich ein Kreditinstitut im Falle der Insolvenz eines Kreditkunden schadlos halten; an Software nicht so ohne weiteres.
Es dürfte ein Grund dafür sein, warum sich mittelständische Unternehmer bei der Erneuerung ihrer Softwarelandschaft so schwertun. Einen weiteren Grund offenbarte eine Mittelstandsbefragung aus dem vergangenen Frühjahr: Danach sind annähernd zwei Drittel der IT-Entscheider unzufrieden mit den getätigten Software-Investitionen. Einen Grund dafür hatte die Gartner Group in einer groß angelegten Befragung schon während der Pandemie ausgemacht. Viele Entscheidungen werden nicht von der für die spätere Umsetzung zuständigen IT-Abteilung getroffen, sondern von den Fachabteilungen und Stake Holdern. Die wählen gern „im Rückspiegel“ aus – will sagen: Die neue Software soll können, was die alte schon konnte – nur unter einer neuen Benutzeroberfläche.
Da tut sich der Mittelstand schon deutlich leichter, wenn es um Investitionen in neue Heizsysteme, CO2-Reduzierung oder Recycling-Prozesse geht. Dabei könnte beispielsweise ein KI-gestützter Einkauf zu Prozessen führen, die kostengünstigere und klimaschonendere Beschaffungsmechanismen bringen. Eine Cloud-basierte IT-Infrastruktur würde nicht nur die Abwärme im eigenen Rechenzentrum reduzieren, sondern auch den Bedarf an Rechenleistung und Speicherplatz flexibler gestalten. Mitarbeiter im Home Office reduzieren zudem den CO2-Fußabdruck bei der Mobilität.
Wir brauchen also nicht unbedingt nur mehr Investitionen in erneuerbare Energien, wir brauchen vor allem mehr Energie für die Erneuerung – und das gilt auf allen Ebenen unserer physischen Infrastruktur und unserer gesellschaftlichen Verfassung. Der jetzt avisierte BIK-Fonds könnte tatsächlich beides einleiten. Nach jetzigem Kenntnisstand liegt die Obergrenze bei 200 Millionen Euro pro Projekt beziehungsweise Unternehmen. Damit ließe sich auch die digitale Erneuerung unserer Wirtschaft mit Blick auf klimaschonende Prozesse finanzieren. Was wir brauchen ist Energie: Energie für die Erneuerung.