Es gibt sie noch, die Lichtblicke im Tunnel der schlechten Nachrichten: Im dritten Quartal ist die Wirtschaftsleistung gemessen am Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal preis-, kalender- und saisonbereinigt um 0,2 Prozent gewachsen. Wow! Damit wäre das Halloween-Gespenst einer „technischen Rezession“ vorerst gebannt.
Gegenüber dem Vorjahresquartal sank die nationale Wirtschaftsleistung allerdings um 0,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in einer ersten Schätzung mitgeteilt hat. Schade auch, dass die Bundesstatistiker zugleich den Wert für das vorhergegangene Quartal nach unten revidiert haben: Nach den neuen Angaben ist das Bruttoinlandsprodukt damals gegenüber der Vorperiode um 0,3 Prozent gesunken und nicht wie zuvor gemeldet nur um 0,1 Prozent. Der Zuwachs ist also nicht real, sondern nur rechnerisch. Das Licht leuchtet eher schwach.
Okay – versuchen wir es mit diesem Lichtblick: Der Siemens-Konzern schluckt die US-Industriesoftwarefirma Altair Engineering für mehr als zehn Milliarden Dollar, wie die beiden Unternehmen am Mittwochabend mitteilten. Vorstandschef Roland Busch sprach von einem „bedeutenden Meilenstein für Siemens“. Er kann damit den Anteil von Software in der zuletzt schwächelnden Sparte Digital Industries erhöhen, die sich mit der Steuerung von Maschinen und Anlagen sowie der Planung der Produktion befasst.
Prozessoptimierung und Anlagensteuerung – das waren schon immer die Kerntugenden der deutschen Wirtschaft. Schade nur, dass Siemens diese Kompetenz im Ausland zukaufen muss. Das gilt auch für die KI-Plattform für industrielle Steuerungen und Datenanalyse, die Siemens mit Microsoft-Technologie aufbaut. Auch dieser Lichtblick schimmert eher blau-weiß-rot als schwarz-rot-gold.
Aber immerhin: Siemens würde diese Investitionen nicht leisten können, wenn es sich diese Ausgaben nicht leisten könnte. Auch wenn das Geschäft bei Digital Industries zuletzt eher dümpelte, mit den Siemens Healthineers für die Automation im Gesundheitswesen gibt es aber noch eine willige Cash Cow. Und mit dem Verkauf der Flughafen-Logistik an die niederländische Vanderlande kam zuletzt ein dreistelliger Millionenbetrag in die Siemens-Truhe.
Siemens macht nicht nur dem Volkswagen-Konzern vor, wie man sich richtig für die Zukunft positioniert. Der Vorstand um Roland Busch würde diese Entscheidungen auch nicht getroffen haben, wenn man nicht fest davon überzeugt wäre, dass man mit Fertigungsautomation und KI-gestützten Prozessen hierzulande und weltweit gute Geschäfte machen kann – vorausgesetzt, man hält sich technologisch an der Weltspitze.
Dahinter verbirgt sich der vielleicht hellste Lichtblick, den wir aus den Nachrichten der letzten Woche ziehen können: Offensichtlich gibt es ihn, den Markt für Prozessautomation. Und dieser Markt heißt Mittelstand. Allen voran die deutschen Familienunternehmen sind offensichtlich willens und in der Lage, diese Kernkompetenzen hochzuhalten. Sie sind dann besonders stark, wenn sich die Anteilseigner in der Familie hinter einem gemeinsamen Glauben an die Zukunft zusammenfinden.
„Die Welt gehört denen, die gestalten wollen“, sagte diese Woche Prof. Thomas F. Hofmann, Präsident der Technischen Universität München bei einer Veranstaltung auf dem Campus Heilbronn. Die Münchner Uni nennt sich selbst TUM, was nicht nur an Unternehmertum erinnern soll, sondern auch rückwärts „Mut“ bedeutet. Und den spricht Hofmann auch weiterhin den mittelständischen Unternehmern zu. Wichtig sei die Überzeugung, auch aus schwierigen Phasen das Beste herausholen zu können.
Wir haben nichts zu fürchten als die Furcht selbst… Diese Worte fand der demokratische US-Präsident Franklin D. Roosevelt bei seiner Amtseinführung vor 91 Jahren. Er sagte dies angesichts einer weltweiten Depression und am Vorabend des faschistischen Terrors in Europa. Wie sich die Zeiten ähneln. Wir haben beides überstanden – wenn das kein Lichtblick ist.